Auch Rabeneltern haben Anspruch auf Unterhalt durch Kinder
Wenn die Eltern seit Jahrzehnten den Kontakt abgebrochen haben, müssen die Kinder dann trotzdem für die Altersheimkosten zahlen? Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden: Ja, der Anspruch auf Elternunterhalt ist auch nach einem Kontaktabbruch nicht verwirkt.
Es ist ein Urteil, das weh tut. Obwohl ein Vater seinen Sohn über Jahrzehnte gemieden hatte, ihn enterbte und auf alle Kontaktversuche ablehnend reagiert hat, muss der so zurückgewiesene Sohn nun tausende Euro an Heimgebühren für den Vater zahlen. Die „Aufkündigung des familiären Bandes“ gegenüber erwachsenen Kindern sei noch „keine schwere Verfehlung“, die von Unterhaltsleistungen befreien würde, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem jetzt verkündeten Urteil (XII ZB 607/12).
Damit wird in oberster Instanz bestätigt: Selbst Rabeneltern haben einen Anspruch darauf, die Pflegekosten von ihren Kindern erstattet zu bekommen. Im verhandelten Rechtsstreit hatte die Stadt Bremen einen Beamten verklagt. Dieser muss nun 9.000 Euro Heimkosten für seinen inzwischen verstorbenen Vater nachzahlen, obwohl das frühere Familienoberhaupt seit 1971 jeden Kontakt auf rabiate Weise zurückwies. Weder gratulierte der Erzeuger zum bestandenen Abitur des Sohnes noch zu dessen Verlobung.
"Zwar mag der Vater durch sein Verhalten das familiäre Band zu seinem volljährigen Sohn aufgekündigt haben", erklärte das Gericht. "Andererseits hat er sich in den ersten 18 Lebensjahren seines Sohnes um diesen gekümmert." Er habe daher gerade in der Lebensphase, in der regelmäßig eine intensive elterliche Fürsorge erforderlich sei, seinen Elternpflichten im Wesentlichen genügt. Von einer „vorsätzlichen schweren Verfehlung“ des Erziehungsberechtigten könne deshalb keine Rede sein.
Das Urteil hat weitreichende Konsequenzen, leben doch in Deutschland viele Scheidungskinder. Diese müssen nun auch dann für ihre Eltern die Pflegekosten tragen, wenn seit Jahrzehnten Funkstille herrscht und das Familienverhältnis zerrüttet ist. Wer verhindern will, dass Sohn oder Tochter einmal für die Heimkosten zur Kasse gebeten werden, der kann mit einer privaten Pflegeversicherung vorbeugen. Das gilt natürlich vor allem auch dann, wenn ein gutes Verhältnis zu den eigenen Kindern besteht.